Beleuchtung der neu erbauten Synagoge in Dessau

– ein Text von Manfred Wolf in LICHT 9/2023 –

Mit der Grundsteinlegung im Jahr 2019 begann der Neubau der Synagoge in Dessau-Roßlau. Vier Jahre später steht nun zum Ende des Jahres 2023 die Fertigstellung an. Die feierliche Einweihung fand am 22.10.2023 statt. Für den Entwurf des Gotteshauses zeichnet der Architekt Alfred Jacoby verantwortlich, der über jahrzehntelange Erfahrung mit Synagogenneubauten verfügt. Unter der Leitung des Frankfurter Büros entstanden bereits Neubauten in Darmstadt, Heidelberg, Aachen,Köln, Kassel und Chemnitz. Da jeder dieser Bauten sein eigenes Umfeld hat, sind die Anforderungen sehr unterschiedlich. Oft ist ein Gemeindezentrum direkt mit zuplanen und in den Gebäudekomplex zu integrieren.

Bereits für die ersten Bauten, die ab Ende der 80er Jahre entstanden, wählte das Büro Jacoby die beiden Designer Jean-Marc da Costa und Manfred Wolf für den Entwurf und die Realisierung der Sonderleuchten aus. Mit Ihrer Ausbildung an der HfG Offenbach zu Diplom-Designern und den ersten Erfahrungen in der Herstellung von Leuchten mit ihrer 1983 gegründeten serien Raumleuchten GmbH waren sie für diese besondere Aufgabe prädestiniert. Wurden anfangs vor allem die Leuchten für den Gebetsraum wie Menora, Kronleuchter, Ewiges Licht und Kaddisch-Licht entworfen und geliefert, sind die späteren Bauten auch in den angrenzenden Bereichen mit Leuchten von serien.lighting ausgestattet.

SPEZIELLE BELEUCHTUNG GEBETSRAUM

Für Dessau wurde – nicht zuletzt wegen des begrenzten Budgets – auf einen speziell entworfenen Kronleuchter verzichtet. Dieser machte in den vorausgegangen Gebäuden – allein schon wegen seiner Größe und des logistischen Aufwands – den größten Teil der Kosten für die Sonderbeleuchtung aus. In Dessau entschied sich das Architekturbüro zudem für eine Deckengestaltung, die den Davidstern als prägnantes zentrales Element enthält. Ein aufwendiger Kronleuchter, der mit der Decke in gestalterischen Konflikt geraten würde, kam daher nicht in Frage. So entschied man sich für eine Hängung von Einzelleuchten aus dem aktuellen Programm von serien. Die Leuchte »Draft« mit ihrer blau gefärbten Glaskugel und dem innenliegenden Kegel, der nach unten mit einer lichtdurchlässigen Diffusorscheibe abgeschlossen ist, mit einer Leistung von je 27 Watt, unterstreicht mit ihrer doppelten ringförmigen Anordnung die besondere Deckengestaltung, ohne diese zu stören. So galt das Hauptaugenmerk im zentralen Gebäudeteil dem siebenarmigen Leuchter.

DIE MENORA

Dieser Leuchter sollte als wandhängendes ikonisches Symbol neben dem Toraschrein auf einer Holzvertäfelung angebracht werden. Der Entwurf präsentiert sich als reduzierte Anordnung von sieben Linien, die durch die rückseitige Befestigung auf einer eigenen Platte berührungslos nebeneinander »schweben« und eine gewisse Leichtigkeit und Immaterialität ausstrahlen. Diese Wirkung wird durch die Hinterleuchtung der einzelnen Arme noch verstärkt. Diese werden jeweils zweilagig von durchleuchteten Acrylstegen gehalten, wobei die hintere Lage von den Stegen durchdrungen wird und das Licht seitlich in zwei Ebenen austreten kann. Bei den Lichtern, die über den Armen wie Flammen stehen, ist auch die vordere Fläche durchdrungen, so dass die Flamme leuchtet. Tafel und Leuchter wurden aus massivem, gelasertem Aluminium gefertigt. Die Tafel wurde schwarz und der Leuchter bronzefarben eloxiert. Für die rückseitig angebrachte Lichtquelle wurden LED-Streifen gewählt, die mit dimmbaren elektronischen Treibern betrieben werden.

WAND- UND DECKENLEUCHTEN IM GEBETSSAAL

Flankiert wird die Menora von flachen, kreisrunden Wandleuchten der Serie LID, die ihr Licht seitlich umlaufend an die Wand abgeben und nach vorne durch eine opake Glasscheibe nur eine Korona am Rand der Fläche zulassen, wodurch eine sphärische Lichtaura entsteht. Die Leuchte verfügt über vier LED-Platinen auf einem Aluminium-Kühlkörper mit einer Gesamtleistung von 22 Watt. Im hinteren Teilbereich der Synagoge mit geringerer Deckenhöhe kommt ein weiteres Modell von serien, die »Slice² Pi« zum Einsatz. Der mit 30 mm Höhe sehr flache Ring der Deckenleuchte dient als Träger und Kühlkörper der LEDs, die ihr Licht seitlich zur Mitte hin in eine speziell angepasste Acrylfläche eines fünflagigen Aufbaus einspeisen. Der Lichtaustritt erfolgt größtenteils nach unten und wird über eine Pyramidenstruktur fein in den Raum gelenkt. Den Abschluss bildet eine dünne, chemisch gehärtete Echtglasscheibe. Der schwebende Effekt der Leuchte wird durch einen geringen Lichtanteil erzeugt, der über eine opake Folie an die Decke abgestrahlt wird. Gewählt wurde die Größe M in schwarz mit einer Leistung von 17 Watt.

IN DAS KLIMASYSTEM INTEGRIERT

Schwarz ist auch die Farbe der weiteren Leuchten, die in den angrenzenden Räumen zum Einsatz kommen. Da ist zum einen die Serie »Reflex²«, die über eine filigrane Rahmenstruktur verfügt. Ihr Licht wird über vier LED-Platinen an die Decke abgestrahlt und über den prismatischen Reflektor der Leuchte teilweise wieder in den Raum reflektiert. Unter dieser von Magneten gehaltenen Platte befindet sich das Betriebsgerät, das die LEDs mit einer Leistung von 50 Watt versorgt. Gestalterisch wurden die Leuchten so in das in der Decke befindliche Klimasystem integriert, dass sie jeweils den Abschluss der einzelnen Kanäle bilden. Seitlich der abgehängten Decke kommt zum anderen das Modell »Cavity« zum Tragen. Ein Deckenaufbau-Downlight, das über einen schlichten zylindrischen Körper verfügt, der zur Lichtquelle hin trichterförmig vertieft ist und somit eine hohe Blendfreiheit gewährleistet. Wie bei »Slice² Pi« wird der Aluminiumkörper mit einem Bajonettverschluss an der Decke befestigt und ermöglicht durch einen federnden Flächenkontakt einen optimalen Wärmeübergang von der Lichtquelle zum Gehäuse. Auch im Außenbereich über den breiten Stufen zum Eingang befindet sich eine Reihe von »Cavity«, die zusätzlich mit einer witterungsbeständigen Dichtung ausgestattet sind. Diese Reihung sorgt für eine einladende Beleuchtung des Zugangs zu dieser Gebets- und Versammlungsstätte.

BAUHAUS-TRADITION DESSAU

Die besondere Architektur Dessaus wird vor allem mit den herausragenden Bauhausbauten aus den Jahren 1925 bis 1932 und dem Namen Walter Gropius in Verbindung gebracht. Schon damals waren Leuchten ein wichtiger Bestandteil der Gebäudeausstattung und wurden von Gestaltern wie Marianne Brandt, Hans Przyrembel oder Max Krajewskieigens dafür entworfen. Aber auch serielle Produkte wie die berühmten »Midgard«-Leuchten von Curt Fischer kamen zum Einsatz. Die neue Synagoge reiht sich damit in eine Architekturtradition ein, in der neben seriell gefertigten Produkten auch speziell für den Ort entworfene Leuchten zum Einsatz kommen.

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